Die Denksteine Braunsbacher Juden wurden zum Gedächtnis an alle Bewohner jüdischen Glaubens errichtet, die hier zwischen 1606 und 1942 lebten.
Bei der Gestaltung wurde die Idee des Rabbinatsmuseums Braunsbach aufgegriffen, das die Geschichte des Miteinander, Nebeneinander und Gegeneinander von Juden und Christen im Ort während mehr als 350 Jahren in Erinnerung halten möchte.
Die Denksteine Braunsbacher Juden stehen bewusst im Zentrum des Ortes, da, wo viele jüdische Familien lebten und sich ihre Wege mit denen der christlichen Bevölkerung trafen; und an einer Stelle, zu der oftmals die Wege der jüdischen Bevölkerung führten, zu ihrem Rabbiner, ihrem Ratgeber und Lehrer. Die unterschiedlichen Wege der Braunsbacher Juden führten ins Hohenloher Land und darüber hinaus; sie führten von dem Heimat gewordenen Ort fort in die ganze Welt. Und doch führen sie ihre Nachfahren immer wieder nach Braunsbach zurück.
Das Denkmal besteht aus drei Stelen aus Muschelkalk, auf denen jeweils eine Glasscheibe mit Namen von ehemaligen jüdischen Bürgern aus Braunsbach stehen. Sie stehen stellvertretend für Juden, die auf Handelswegen in der Region unterwegs waren; die vom Ort aus vornehmlich in die Vereinigten Staaten und nach Palästina emigrierten und die von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurden.
Steine: Sie stehen fest auf dem Boden der Tatsachen und sollen zum Denken, zum Nachdenken anregen. Ihr Material
ist der die Region prägende Muschelkalk. Mit seinen Musterungen und Einschlüssen hat er vergangene Zeiten konserviert; auch die Denksteine sollen die Vergangenheit im Gedächtnis der Betrachter
aufbewahren; Zeiten prallen Lebens und Zeiten des Sterbens.
Die Steine weisen jeweils eine schräg nach unten neigende Bruchkante auf - so wie das Zusammenleben der Christen und Juden abgebrochen wurde und zur Neige ging.
Die Steine sind gespalten - auch die jüdische Bevölkerung lebte weitgehend innerlich abgespalten von ihren christlichen Nachbarn; sie lebte nach eigenen Gesetzen und Sitten, die oft auf
Unverständnis trafen. Bis heute spaltet die Frage nach dem Umgang mit der Geschichte die Menschen; auch in Braunsbach. Steine in Verbindung mit Namen waren in der Antike oft ein Bild für die
Ewigkeit; ein in Stein gehauener Name verbürgte ein Weiterleben nach dem Tode.
Vor drei Steinen erheben sich drei Glasscheiben: Drei ist nach der Kabbala, einem jüdischen Werk der Mystik, die
Zahl der Vollkommenheit. Glas ist transparent, man kann hindurch sehen und vielleicht wie durch eine Brille manches klarer sehen. Aber es ist gefährdet und zerbrechlich, verletzlich und
verletzend. Das Zusammenleben von Juden und Christen erwies sich in den letzten Jahrhunderten oft als brüchig. Wir wissen alle von den Verfolgungen und Pogromen, denen Juden in Europa ausgesetzt
waren. Wer sich während der NS-Zeit für jüdische Interessen und Menschen einsetze, lebte in Deutschland gefährlich. Auch heute noch scheint manch einem das Engagement für die Vergangenheit des
jüdischen Teils unserer Bevölkerung suspekt.
Auf den Gläsern ist von den Wegen der Braunsbacher Juden die Rede. Auf dem Wege sein, unterwegs sein - das bedeutet nicht selten unbehaust, heimatlos zu sein. Seit vielen Jahrhunderten lebten die
Juden nicht mehr in dem Land, das nach ihrem Glauben Gott ihnen verheißen hatte; sie lebten und leben heute noch in der Diaspora. Die Juden, die am Anfang des 17. Jahrhunderts nach Braunsbach
kamen, hatten Verfolgung und Vertreibung erlebt; sie erkauften sich den Schutz der hiesigen Herrschaft, da sie nicht in Württemberg, nicht in Hohenlohischem Gebiet und nicht in den Reichsstädten
wohnen durften. Es war ihnen nicht gestattet, Landbesitz zu erwerben oder ein Handwerk auszuüben. So mussten sie immer wieder unterwegs sein, um ihren Lebensunterhalt mit dem Handel zu verdienen.
Deshalb ist auf den Stelen von Braunsbacher jüdischen Bürgern auf Handelswegen die Rede. Manche erlangten sogar Wohlstand; doch den meisten blieb er versagt. So führten die Wege vieler im 19.
Jahrhundert nach ihrer Gleichstellung mit den christlichen Mitbürgern in die Fremde; sie begaben sich auf Emigrationswege. Viele versprachen sich ein besseres Leben in der Neuen Welt und
wanderten nach Amerika aus. Aus Briefen wissen wir um ihre Einsamkeit dort, wenn Nachrichten aus der Heimat, von der Familie und von den Freunden ausblieben. Schließlich wurde im 20. Jahrhundert
aus dem bisherigen Nebeneinander im Dorf ein Gegeneinander. Die jüdischen Geschäfte wurden boykottiert, man wollte, dass die Juden weggingen. Schließlich wurden ihre Synagogen geschändet und
jüdische Bürger wurden verhaftet. In Braunsbach nutzte es nur kurze Zeit etwas, dass der damalige Bürgermeister Thaidigsmann seine vorgesetzte Behörde bat, die Juden im Dorf zu lassen, weil
"sonst seine Bürger Hungers sterben müssten"; denn nicht wenige verdienten ihren Lebensunterhalt bei wohlhabenden jüdischen Mitbürgern. Letztendlich nahm man den Juden ihren Besitz und schickte
sie auf ihren letzten Weg, auf die Todesmärsche in die Konzentrationslager und Gasöfen der Nationalsozialisten.
Auf den drei Glasplatten sind Namen Braunsbacher Juden stellvertretend für alle aufgeführt, die in der Zeit zwischen 1600 und 1942 hier in unserem Ort lebten. Einen Namen haben heißt etwas bedeuten. Wessen Name vergessen wird, dessen "Angedenken schwindet von der Erde, kein Nachruhm bleibt ihm mehr im Lande" (Hiob 18,17). Und beim Propheten Isaias heißt es: "Ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal; ich gebe ihnen einen Namen, …einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals getilgt wird." Yad Vashem - d.h. ein Name und ein Denkmal! Wer einmal in Israel war, kennt die bekannte Gedächtnisstätte in Jerusalem, die an die Namen der Shoa-Opfer erinnert.
Eine ausführlichere Beschreibung können Sie sich gerne als PDF herunterladen.